Als erfahrener Träger der Kinder- und Jugendhilfe sind wir seit vielen Jahren im Bereich der Schulbegleitung tätig. Wir wissen um die Bedeutung dieser Unterstützung für Kinder, die im Schulalltag Hilfe benötigen. Schulbegleitungen ermöglichen vielen Kindern die Teilnahme am Unterricht und bieten eine wertvolle Unterstützung.
Am 20. November 2024 organisierte daher Startklar Oberbayern in Freilassing einen Fachtag zum Thema „Perspektive Schulbegleitung“, bei dem über 100 Fachleute aus den Bereichen Schule und Eingliederungshilfe zusammenkamen. Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand die Frage, wie eine nachhaltige Teilhabe am Schulalltag für alle Kinder ermöglicht werden kann – und das jenseits des bislang oft praktizierten Modells der 1:1 Schulbegleitung, das einige Herausforderungen mit sich bringt: steigende Fallzahlen, die mit hohen Kosten verbunden sind, die Gefahr der Stigmatisierung von Schüler*innen sowie unsichere Arbeitsbedingungen für die Schulbegleitungen.
Poollösungen als Alternative
Zentrales Thema des Fachtages war die Vorstellung von alternativen Modellen der Schulbegleitung.
Prof. Dr. Wolfgang Dworschak von der Universität Regensburg präsentierte in seiner Keynote die Ergebnisse eines Modellprojekts zur sogenannten Poollösung in Franken, durch das Schulbegleitungen flexibilisiert wurden. Dabei wird basierend auf dem individuellen Bedarf der Kinder ein Gesamtbudget erstellt, das den Schulen zur Verfügung steht. Die Schulen können dann flexibel entscheiden, wie sie das Budget einsetzen.
Das Poolmodell erlaubt zudem, Schulbegleitungen nicht nur für ein einzelnes Kind, sondern auch für mehrere Schüler*innen gleichzeitig einzusetzen. Dies ermöglicht eine individuellere und ressourcenschonendere Unterstützung.
Darüber hinaus ist das Modell so konzipiert, dass Schulbegleitungen präventiv tätig werden können, auch bei Kindern, die noch nicht leistungsberechtigt sind.
Ein weiteres Plus: Bei Krankheit der Schulbegleitung bleibt der*die Schüler*in weiterhin betreut, was im klassischen Modell oft nicht der Fall ist. So kann das Poolmodell zur Förderung der Selbstständigkeit der Schüler*innen beitragen und gleichzeitig das Zugehörigkeitsgefühl der Schulbegleitungen stärken.
Die Ergebnisse dieses Modells, sowohl in Bezug auf die Zufriedenheit der Beteiligten als auch in der Wirkung auf das Klassenklima, waren äußerst positiv und führten zu einer hohen Akzeptanz – nicht nur bei den Schulen, sondern auch bei den Eltern.
Schulalltagsbegleitung – Ein weiterer Ansatz zur Unterstützung
Helmut Benner und Christian Kornmann vom Jugendamt Vogelsbergkreis stellten ein weiteres innovatives Modell vor: die Schulalltagsbegleitung. Die Schulalltagsbegleitungen sind unabhängig vom Einzelfall und benötigen keine separate Antragstellung. Ziel ist es, einen reibungslosen Übergang von der Kita in die Schule zu ermöglichen und die Kinder in ihrem gesamten Schulalltag zu unterstützen. In Klassen mit einer Schulalltagsbegleitung kommen keine weiteren individuellen Schulbegleitungen zum Einsatz, was die Stigmatisierung der Kinder vermeidet.
Die positiven Effekte dieses Modells sind vielfältig:
Soziale Kompetenzen werden gefördert, Konflikte reduziert und der Einstieg in den Schulalltag erleichtert. Auch der Übergang in das nächste Schuljahr fällt den Kindern deutlich leichter. Zusätzlich führt die Doppelbesetzung in den Klassen zu einer Entlastung der Lehrkräfte und wirkt sich positiv auf das Klassenklima aus. So wird ein differenzierter Unterricht ermöglicht, der den Bedürfnissen der Kinder gerecht wird.
Erfolgreiche Umsetzung in Bad Tölz und Weimar
In weiteren Workshops teilten Andreas Eberhard von Brücke Oberland e.V., Ilka Drewke von der Jenaplanschule Weimar und Wolfgang Märkl vom Jugend- und Sozialamt Weimar ihre Erfahrungen mit der Umsetzung der Poollösung in ihren Regionen. Auch hier zeigte sich, dass der Einsatz von Assistenzen, die nicht nur für ein Kind, sondern für die gesamte Klasse zuständig sind, zu einer positiven Veränderung des Klassenklimas führt und von den Kindern nicht mehr als exklusive Hilfe wahrgenommen wird.
Fazit: Ein ganzheitlicher Ansatz für mehr Teilhabe
Das Fazit des Fachtages war eindeutig: 1:1 Schulbegleitungen sind nicht immer die nachhaltigste Lösung. Modelle wie die Poollösung und die Schulalltagsbegleitung bieten Alternativen, die sowohl die Kinder als auch das schulische Umfeld nachhaltig stärken können. Besonders hervorzuheben ist, dass diese Modelle die Schulbegleitungen in die Schulfamilie integrieren und die Schüler*innen in ihrer Selbstständigkeit und sozialen Kompetenz fördern.
Die Folien der beiden Keynotes sowie das Programm des Fachtages können Sie hier herunterladen:
Susanne Coenen, Geschäftsführerin, Startklar Soziale Arbeit